Das Problem mit den Kommandos

Manchmal erschrecke ich mich über den harten Ton, den Hundebesitzer verwenden, wenn sie ihren Hunden oder Welpen Kommandos geben. "SITZ!!" „PLATZ!!" "HIER!!" 
Da frage ich mich, ob wir uns auf einem strengen Appellplatz befinden. 

Warum verwenden Hundebesitzer solch herrische Töne? Steckt dahinter der Gedanke, dass wir von Anfang an hart durchgreifen müssen, um zu zeigen, wer hier das Sagen hat? Ich bin der Chef und du der unterwürfige Hund? 
Wollen wir Menschen inutitiv eine Hierachie erschaffen bzw. ganz klar definieren? Und wenn ja, funktioniert das überhaupt so? 

Grundsätzlich: 
Das Wort "Kommando" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "Befehl". Wenn wir also unserem Hund ein Kommando geben, befehlen wir ihm etwas.
Grammatikalisch betrachtet verwenden wir den Imperativ. Wenn dieser schnell und laut ausgesprochen wird, gilt er auch einem Menschen gegenüber als unhöflich und befehlend: "Geh! Steh! Bleib!" 

Zudem ist Deutsch eine harte Sprache. Das mag für uns Deutsche selbst nicht auffallen, aber viele Menschen aus Ländern, in denen Deutsch nicht die Muttersprache ist, empfinden Deutsch als hart und fast aggressiv. Außerdem haftet ihr immer noch die Nazi-Vergangenheit mit den typischen Nazireden an. 
Wie sprechen wir beispielsweise das Wort "HUND" aus? Mit einem weichen "d" am Ende? Nein, es endet mit einem harten "t". Wir sprechen HUNT. (Was lustig ist, denn im Englischen wiederum bedeutet das Wort „ to hunt" - „jagen“.) 

Aber muss ich meinem Hund Kommandos in Befehlsform geben, um meinen Status zu definieren? Funktioniert das? 

Nein. Hunde untereinander geben sich keine Befehle im Sinne von "Tu dies oder das." Sie verwenden keine akustische Sprache, wie wir Menschen. Stattdessen setzen sie hauptsächlich auf akustische und körpersprachliche Signale, um Grenzen zu setzen. Dabei können sie auch mal laut und ernsthaft werden. Ihren höheren Status definieren sie allerdings darüber, dass sie Ressourcen verwalten. 

Wie können wir aber unsere Kommandos freundlicher kommunizieren? 
Um den Imperativ weniger schroff klingen zu lassen, verwende ich gerne Zweiwort-Kommandos. Zum Beispiel füge ich einfach ein "Na" hinzu: "Na, Komm!" "Na, Sitz!" Oder ich spreche langsamer, zum Beispiel bei "Bleieieieieib!" oder "Laaaaaangsam." 

Die Kommandos gebe ich freundlich, schließlich hat der Hund bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts falsch gemacht. Denn Lernen sollte Spaß machen und gute Laune verbreiten. Gib also das Kommando freundlich – "Na, Sitz!" – und belohne zeitnah (innerhalb der nächsten 2-3 Sekunden), wenn der Hund es richtig gemacht hat. 

Wenn er nicht auf dich hört, überlege, ob er das Kommando bereits sicher beherrscht. Wenn nicht, übe es erneut. Möglicherweise ist dein Hund gerade gestresst, aufgeregt, müde oder krank, dann ist nicht der richtige Zeitpunkt für das Training. 

Wenn er jedoch fit und unaufgeregt ist, versuche, seine Aufmerksamkeit zu erlangen, indem du ihn mit zwei Finger an der Schulter antippst und ein etwas ernsteres und lauteres "Hey!" verwendest. Wenn du seine Aufmerksamtkeit hast, gehe vielleicht zwei Schritte rückwärts, locke ihn also etwas und wiederhole dann dein Kommando: „Na, Sitz!“ 

Fazit:
Indem du deinem Hund schnelle und laute Befehle gibst, etablierst du nicht deine Position als Anführer. Stattdessen kann es auf den Hund eher unsouverän wirken und ihn verunsichern. In der Hundewelt verwaltet ein Anführer Ressourcen: z.B. Futter, Sachen, Raum, aber laute Wörter gehören nicht dazu.